Jahresbericht des Präsidenten

Bern im Januar 2019

Liebe Kolleginnen und Kollegen

Gewusst haben wir es ja schon immer: Bern ist ein Sportkanton! Es gibt dafür auch eine beeindruckende Zahl, die diese Aussage unterstreicht: Zwischen September 2017 und August 2018 standen 62 Sportlerinnen und Sportler mit Wohnort oder Vereinszugehörigkeit im Kanton Bern auf dem Podest bei Olympischen Spielen oder bei Welt- und Europameisterschaften. Dabei stechen einige besonders hervor, die aus Bern stammen, hier spielen oder leben: Skifahrer Beat Feuz, der an den Olympischen Spielen in PyeongChang Silber und Bronze gewann, Jenny Perret, die Olympiasilber im Curling holte, Sprinterin Mujinga Kambundji, Bronzemedaillengewinnerin an der Hallen-WM, und die sieben Berner Spieler des WM-Silberteams im Eishockey (Leonardo Genoni, Gaëtan Haas, Tristan Scherwey, Roman Josi, Ramon Untersander, Simon Moser und Joël Vermin). Dank den Meistertiteln von Wacker Thun im Handball und der Young Boys im Fussball avancierte das ohnehin schon tolle Sportjahr 2018 zu einem grandiosen. Vor allem der Erfolg der Young Boys gab zu reden und zu feiern. Der erste Meistertitel des Klubs nach 32 Jahren löste unglaubliche Emotionen aus, denen man sich in Bern während Wochen praktisch nicht entziehen konnte. Aktuell spricht vieles dafür, dass wir uns im kommenden Sommer auf weitere Feierlichkeiten mit YB freuen können.

Nicht zuletzt diese Erfolge machen es so spannend, die Berner Sportlerinnen und Sportler journalistisch begleiten zu dürfen, und es ist – ich habe das auch schon an anderer Stelle erwähnt – ein Privileg, dass so viele Einzel- und Mannschaftssportler aus unserem Kanton stammen oder hier tätig sind. Es macht unseren Beruf noch interessanter und vielseitiger, als er es ohnehin schon ist. Auf den ersten Blick erstaunt es daher, werden Journalisten heute oft mitleidig angeschaut, wenn sie von ihrem Beruf erzählen. Doch die Leute wissen um die fortschreitende Konzentration in der Schweizer Medienlandschaft und wie schwierig für die Journalisten zunehmend wird, die eigenen Ansprüche und jene der Leser mit jenen der Verlagshäuser zu verbinden, die verzweifelt versuchen, wegbrechende Inserateeinnahmen mittels Einsparungen und Diversifizierungen wie Onlineplattformen usw. aufzufangen. Dass heute rund 70 Prozent aller Online-Werbeeinnahmen an Google und Facebook fliessen, ist eine unglaubliche und für die Verlage existenzbedrohende Zahl.

Einzelne Lichtblicke in einem schwierigen Umfeld
Es sieht nicht danach aus, als ob sich daran etwas ändert und die guten alten Zeiten im Journalismus zurückkehren. Das hängt sicher auch mit einem veränderten Leseverhalten zusammen. In einer Diskussion habe ich kürzlich erfahren, dass rund ein Drittel keine klassischen Medien mehr liest, sondern die News allenfalls noch über die eigenen Social-Media-Kanäle konsumiert. Ich finde diese Entwicklung zwar schade, kann sie bis zu einem gewissen Grad aber auch nachvollziehen. Man hat viel zu tun mit Familie und Beruf – da fragt man sich schon, ob man tatsächlich die x-te Analyse eines Tweets von Donald Trump lesen soll, im Wissen, dass sich diese bis zum Ende der Lektüre bereits überholt hat, und der Mann in Washington die Medienschaffenden mit einem weiteren Tweet erneut vor sich hertreibt. Wenig Zuversicht verbreitet auch das Medienqualitätsrating 2018 des Vereins Medienqualität Schweiz. Demnach ist das Niveau der Schweizer Medien in den vergangenen Jahren gesunken und wegen des Spardrucks auf den Redaktionen blicken Medienwissenschafter eher pessimistisch in die Zukunft. Es gibt auch unter uns hier in der Sektion Kolleginnen und Kollegen, die uns einiges über diesen Spardruck erzählen können.

Ich möchte jetzt aber nicht nur das Negative herausstreichen, denn es gibt durchaus Lichtblicke. Die Onlinezeitung «Republik» besteht unterdessen seit einem Jahr und hat mit einigen aufsehenerregenden Recherchen auf sich aufmerksam gemacht. Und Ende 2018 veröffentlichte unser Sektionskollege Christof Gertsch zusammen mit einigen Kollegen das vielbeachtete Sportmagazin «N°1». Beiden Projekten gemein ist, dass sie durch das sogenannte Crowdfunding finanziert werden oder wurden. Nach der Projektankündigung fanden sich genügend Interessierte, die mit ihrem finanziellen Engagement mithalfen, eine Idee umzusetzen. Beide Male wurden die Verantwortlichen vom Finanzierungswillen überrascht, und man darf das durchaus so sehen, dass nach wie vor eine breite Nachfrage und ein ansehnlicher Markt für Qualitätsjournalismus besteht. Ich denke, wir allen wünschen uns, dass Innovationsfreude, Genauigkeit und sorgfältige Recherche im (Sport-)Journalismus auch künftig belohnt wird.

Es braucht unser Engagement
Zum Abschluss meines Jahresberichts als Präsident von sportpress Bern möchte ich kurz auf unsere Sektion eingehen: Wir haben ein stabiles Jahr hinter uns. Das zeigt ein Blick in die Bilanz und auf die Mitgliederzahl. Mit 121 Mitgliedern stellen wir hinter Zürich die zweitgrösste Sektion von sportpress.ch. Nicht bei allen Sektionen sind die Mitgliederzahlen so konstant. Das zeigte sich an der Präsidentenversammlung von sportpress.ch im vergangenen November, als drei Sektionen einen Antrag einreichten, wonach zu prüfen sei, ob Fusionen zwischen Sektionen künftig unkomplizierter durchgeführt werden können als bisher. Doch auch wir in Bern sind nicht frei von Strukturproblemen. Die Besucherzahlen an unseren beiden Versammlungen im Sommer (GV) und im Winter (HV) sind dürftig. Es ist zudem ein Makel, dass seit dem Rücktritt meines Vorgängers als Präsident, Peter Berger, kein Journalist aus einem grossen Berner Medienhaus mehr in unserem Vorstand vertreten ist. An beidem wollen wir zusammen mit euch, geschätzte Mitglieder, im kommenden Jahr arbeiten. Schliesslich ist unser Verband einst ja genau deshalb gegründet worden, um die Interessen der Sportjournalisten gegenüber den Verlagen zu vertreten. Dazu brauchen wir jedes einzelne Sektionsmitglied, insbesondere aber jene, die in den verbliebenen, grossen Medienhäusern arbeiten. Wann, wenn nicht jetzt, sollten wir die Kraft unseres Verbandes und unserer Sektion nutzen? Ich bin überzeugt, mit so vielen erfahrenen und engagierten Journalisten verfügen wir über das Gewicht, um uns wenn nötig für den Erhalt der Arbeitsbedingungen stark zu machen. Ich bitte euch, dies zu bedenken, wenn es das nächste Mal um ein Engagement für sportpress geht und danke euch jetzt schon für euren Einsatz.

Beste Grüsse und auf ein spannendes Sportjahr 2019
Alexander Wäfler
Präsident sportpress Bern